Die 9. häufigsten Fehler beim Aufbau des Rückrufs.
Der Rückruf wird von vielen als Königsdisziplin beschrieben.
Das ist er unter bestimmten Umständen, wie zum Beispiel einen jagdlich ambitionierten Hund, auch.
Generell finde ich, dass der Rückruf eine der am leichtesten zu konditionierten Übungen ist, wenn man ihn richtig aufbaut.…
Leider schleichen sich bei vielen unbewusst kleine Fehlerteufel ein.
Hier mal die 9 häufigsten Fehler beim Rückruf, die ich oft beobachte:
Die unbewusste Taschenhand
Kommt dein Hund zwar zuverlässig, aber nur wenn du Futter hast?
Gratuliere, er macht alles richtig, denn genau so hast du es ihm unbewusst beigebracht.
Wie das?
Bei vielen Menschen geht automatisch die Hand in die Futtertasche, wenn sie ihren Hund rufen. Man will ja schließlich schon vorbereitet sein und rechtzeitig das Futter parat haben wenn der Hund gleich kommt. 7 Sekundenregel und so
Da der Hund aber ein viel weiteres Sichtfeld hat als wir, sieht er dies auch noch , wenn er mit dem Rücken zu uns steht. Wiederholen wir diese Art des Rückruf immer in derselben Art und Weise, festigt sich für den Hund ein Bild im Kopf.
Für uns sieht das Kommando „Hier“ so aus: Wir rufen den Name des Hundes und hier und er kommt.
Für den Hund sieht es folgendermaßen aus: Wir rufen den Namen des Hundes und hier, gleichzeitig geht die Hand in die Tasche mit Futter.
Der Hund hat dieses Bild im Kopf eingespeichert und die Handbewegung in die Tasche gehört für ihn genauso dazu, wie das verbale Kommando.
Der verbeugende Butler
Viele Hundehalter beugen ihren Oberkörper gleichzeitig mit dem Rückruf nach vorne. Für viele Hunde ist diese körperliche Geste aber ein „bleib weg“ Signal. So sind sie etwas verwirrt und verharren erst mal auf der Stelle. Meist klopft der Hundehalter dann zusätzlich auf die Oberschenkel. Dieses Signal kennt der Hund meist aus seiner Welpenzeit und kommt dann angerannt.
Besser wäre es, beim Rückruf gleichzeitig rückwärts zu laufen und mit dem Oberkörper eine einladende Bewegung zu machen.
Mehrmals rufen und fehlende Achtsamkeit
„ Emmy, Emmy. Hier, hier, hier.“ „Emmy, komm mal hier her“. „Nun komm schon Emmy“.
„HIER ,HAB ICH GESAGT. EMMAAAA.KOMM HIIIIIIEEEEEERRR HER“.
Leider machen sehr sehr viele Hundehalter den Fehler ihren Hund gefühlte hundertachtzig-tausendmal zu rufen. Meistens noch in unterschiedlicher Tonlage, sowie Wortlaut. Zum Ende hin wird der ein oder andere auch noch ziemlich emotional, ob verärgert oder verzweifelt spielt für den Hund eigentlich eine untergeordnete Rolle.
Was lustig klingt ist es meist allerdings nicht.
Denn der Hund lernt in vielen Fällen schon im Welpenalter, dass bei Frauchen und Herrchen eh alles „wischi waschi“ ist und er sich ja Zeit lassen kann.
Und zwar aus folgenden Gründen.
– Ich rufe den Hund drei, viermal , lobe ihn wenn er kommt und gebe ihm ein Leckerli.
– Der Hund lernt, egal ob ich beim ersten oder vierten oder dreißigsten Mal rufen komme, ich werde immer gelobt und bekomme ein Leckerli.
Im Ernst, würdest du beim ersten Mal kommen? Da wärst schön blöd, oder?
Unterschiedliche Kommandos, noch dazu in unterschiedlicher Tonlage machen die Verwirrung beim Hund dann perfekt. Soll er jetzt bei „Hier“ kommen oder bei „Komm“ zurück ?
Warum kommt dein Hund nicht beim ersten Rufen?
Ganz einfach.
Du bist nicht der Entscheidungsträger
Die Krux ist schon zu Hause lernt der Welpe oder neue Hund, dass er süß ist , dass er Wichtig ist, das die ganze Welt sich um seine Persönlichkeit dreht. Er muss sich ja eingewöhnen. Er „darf“ alleine das Haus erkunden , seine Ruhe und Wachzeiten bestimmen, meist bestimmt er auch wenn er Futter möchte oder spielen. Er bestimmt beim Gassi gehen Tempo und meist auch die Richtung und dann kommt nach paar Wochen plötzlich Frauchen und will seine Richtung und Tempo bestimmen. „Öhm….ne“, denkt sich der Hund. Das Verhalten von Frauchen passt einfach nicht in sein momentanes Weltbild.
Eine Schnecke zeigt mehr Begeisterung als Du
Es gibt ja auch die positiven Fälle. Der Hund wird gerufen und kommt.
Er wird dann freundlich, aber lustlos empfangen und ihm wird ein Leckerli gegeben. Was er dann auch brav frisst. Das funktioniert dann solange gut, bis etwas Interessanteres am Horizont erscheint.
Ich bin wirklich nicht diejenige die den ganzen Tag quietschend durch die Gegend rennt. Aber wenn mein Hund kommt, dann raste ich aus vor Freude. Leidenschaftlich, explosiv, Anwesende schauen mich schon mitleidig an und halten sich die Ohren zu. Außenstehende denken an eine ernst zu nehmende Geisteskrankheit. Und mein Hund? Der rast mir entgegen als ob es keinen Morgen gäbe und dann balgen wir wild zusammen. Da wird sich in Dreck geschmissen wenn es sein muss. Da wird ein Blatt zum Spielobjekt und man findet plötzlich Mauselöcher und buddelt zusammen. Ab und an gibt es sogar Futter. Das Lecker rennt dann vom Hund weg – das böse Ding. Es springt, fliegt durch die Luft, bis….ah Mist, der Hund war schneller als ich. So stolz erfüllte Augen eines Hundes bekomme ich bei den meisten Leckerliegeber nicht zu sehen.
Wohl bemerkt mach ich das Theater nur am Anfang. Später reicht das Kommando „Hier“ und ab und an ein kleines wildes Spiel zur Auffrischung, damit meine Hunde auf dem Absatz kehrt machen und angeflogen kommen.
Der will nur mal „Hallo“ sagen
Dein Hund kommt immer zuverlässig zurück, außer er sieht andere Hunde.
Glückwunsch. Dieses Verhalten hast du ihm echt zuverlässig beigebracht. Und zwar immer dann, wenn du ihn an einen anderen Hund gelassen hast, ohne dass er mit seiner Aufmerksamkeit bei dir war.
Sei es weil du den Hund kennst, sei es weil du den anderen Hund zu spät gesehen hast, warum auch immer. Ein Hund rennt nur zu anderen Hunden hin, wenn er mit seinem Verhalten Erfolg hatte. Und da reichen im Prägealter wirklich 3-5 Wiederholungen und schon ist das im Hundehirn drin: Anderer Hund….yeahhh Party.
Die erste Maßnahme, um da an einem zuverlässigen Rückruf zu arbeiten, wäre eine Absicherung über eine Schleppleine. Die zweite wäre ein Neuaufbau des Rückrufkommandos und kein Kontakt zu fremden, anderen Hunde, bis die Erwartungshaltung gelöscht ist .
„Komm hier uuuuuunnd Sitz“
Immer wieder sehe ich Hundehalter deren Hunde anfangs wirklich toll kommen und im Verlauf immer langsamer werden. Meistens müssen diese Hunde, bevor sie das Leckerli kriegen vorher absitzen.
Leute, mal ehrlich! Euer Ernst? Da kommt der Hund, sofort, schnell und ihr bremst den wieder mit einem Sitz aus?
Dann gibt es durchaus Hunde, die nur das gerade aktuell gezeigte Verhalten mit der Belohnung verknüpfen. Und das ist dann das „Sitz“. Was wollten wir eigentlich trainieren und belohnen ? Den Rückruf? Also bitte erst das zügige Kommen anerkennen und danach erst den Hund ins Sitz bringen.
Die Sache mit der Ignoranz
Es ist erstaunlich wie viel Ignoranz Hundehalter sich von ihren Hunden gefallen lassen.
Wie viele Ausreden Menschen haben, wenn ihr eigener Hund nicht auf sie hört. Anfangs ist er eben noch ein Baby, danach lernt er ja noch. Meistens bis er 5 Jahre alt ist. Das wäre in etwa so, wie wenn ein 35 jähriger noch zur Grundschule geht. Oder er hat eine traumatische Vergangenheit.
Es ist nichts einfacher, als einem Hund den Rückruf beizubringen. Nur da lasse ich mich halt von Anfang an nicht ignorieren von meinem Hund, sondern hole ihn ab, tippe ihn an oder mache sonst wie auf mich aufmerksam. Und lasse ihn sich nicht einfach weiter mit XY beschäftigen, nachdem ich ihn angesprochen habe. Das gilt vor allem für den häuslichen Bereich. Denn da fängt ein zuverlässiger Rückruf an. Du willst einen Hund auf den immer Verlass ist? Wie verlässlich bist du ?
Das schlechte Gewissen
„Aber der muss ja laufen“, höre ich von Kunden oft, wenn der Hund eine ganze Weile lang an die Schleppleine soll. Ja der Hund ist ein Lauftier. Aber wer sagt denn, das er dies in einem Umkreis von einem halben Kilometer von mir tun muss? Wir gehen ja zusammen spazieren, oder etwa nicht?
Dann gestalte ich den Spaziergang doch so, dass der Hund zusammen mit MIR was erlebt und nicht alleine mit der Nase im Dreck. Das hat aber eben nur einen hohen Stellenwert, wenn ich nicht immer und jederzeit verfügbar bin. Den Freilauf sollte ein Hund sich verdienen.
Ich gebe doch einem 18jährigen auch nicht einfach den Führerschein, wenn er die nötigen Kompetenzen des Autofahrens noch nicht gelernt hat. Da fährt er eben noch eine Weile Bus.
Und solange der Hund auf kleinste Umweltreize reagiert, lass ich ihn eben an der Leine. Denn meine ganze voran gegangene Arbeit ist mit einem mal kaputt, wenn der Hund sich in dem „er muss doch mal laufen“ Moment wieder verselbstständigt und eigene Entscheidungen trifft.
Fazit:
Manches klingt hart, aber letztendlich hilft es sich manchmal sich den Spiegel vorzuhalten und sich selbst einmal zu reflektieren. Denn man möchte ja ein harmonisches Miteinander mit dem Hund. Und da ist es wichtig Fehler zu erkennen und an sich zu arbeiten. Jeder Hundehalter ist früher oder später damit konfrontiert, dass seine bisherigen Kompetenzen beim jetzigen Hund vielleicht nicht ausreichen.
Ich möchte mit diesen klaren Worten niemanden verletzten oder verurteilen. All die oben beschriebenen Fehler habe ich selber gemacht und ich war früher auch oft in der Situation nicht weiter zu wissen. Und es waren immer die sehr ehrlichen, für mich persönlich, sehr harten Feedbacks, die mich letztendlich mit meinem Hunden nach vorne gebracht haben.
Persönliche Weiterentwicklung.
Dieses Geschenk haben die Hunden an uns. Und wer bereit ist diesen Weg zu gehen, wird bemerken wie unendlich kostbar er ist. Nicht nur für den Hund und unsere Beziehung zu ihm. Nein auch für uns persönlich, als Menschen.
Ich wünsche dir von Herzen du hast bald einen freudig, strahlenden Hund, der herangaloppiert kommt, wenn du ihn rufst. Denn die Verlässlichkeit und das Gefühl der Zusammengehörigkeit wird der Lohn für all die harte Arbeit sein.
Herzlichst