Wo ist der Anfang

Wo ist der Anfang

 

Problemverhalten entsteht nicht von heute auf morgen. Es entwickelt sich nicht plötzlich.
Es ist ein Prozess.
Oft treten Hundehalter an mich heran und Fragen um Hilfe in konkreten Situationen, zu 90% geht es um Leinenaggression.
Es wird gefragt was man in dem Augenblick denn tun soll, wenn der Hund in die Leine brettert. Die Antwort ist ganz simpel: gar nichts.
Ein Hund der in die Leine geht hat Gründe dafür.
Wir erinnern uns an die Grundbedürfnisse des Hundes. Wenn ich in dem Moment nun eine Handlung setze, sei sie aversiv oder positiv verstärkend, aber nicht die Ursache des Problems bearbeite, wird sich langfristig nichts an dem Verhalten ändern.
Jetzt werden einige sagen, das stimmt nicht, ich hab mit Wasser etc. sehr gute Erfolge erzielt und mein Hund traut sich nicht mehr in dem Moment was zu tun. Das stimmt. Wird der Hund gehemmt und geht ins Meiden, wird er unter Umständen das Springen in die Leine nicht mehr zeigen. Nur ist er deswegen „geheilt“, weil er sich vor den Konsequenzen fürchtet?
Wer mit seinem Hund so umgehen will, soll das tun. Ich und meine Kunden möchten das nicht.
Also, wo ist der Anfang?
Der Hund beobachten uns den ganzen Tag. Er kennt unsere Stärken und noch besser unsere Schwächen. Und da nehme ich mich nicht aus, auch ich bin der Sklave der Knopfaugen meines Hundes und besonders wenn Prinzessin Caipi mich damit genötigt hat sie zu streicheln, war ich nicht abgeneigt 😉.
Hunde erstellen sich ein Bild von uns. Erschaffen sich ihr eigenes Weltbild. Und das alles Daheim in unseren sicheren vier Wänden. Es beginnt alles dort – und genau dort ist auch der Anfang der Veränderung.
Wenn ich mein Hund in der Wohnung oder im Haus freie Hand hat, warum soll er uns dann draußen die Entscheidungen überlassen. Er entscheidet so wie er es gewohnt ist selber. Manchmal kommt er gut klar damit und in manchen Situationen ist er eben überfordert und bräuchte Hilfe. Ist ja auch stressig alles allein zu regeln. Und hey, der kleine Kläffer da hinten hat förmlich um paar aufs Maul gebettelt.
Was sollte Hund da anderes tun?
Wenn ich also draußen von meinem Hund möchte, das er es mir überlässt Reize einzuschätzen und mich darum zu kümmern wie wir damit umgehen, sollte ich mich vorher einige Dinge fragen, bevor ich an meinem Hund in einer brenzligen Situation rumhantiere.
Kann ich Räume öffnen und schließen?
HÄ? Was hat Raum mit Hunden zu tun. Eine ganze Menge. Raum ist eine der wichtigsten Ressourcen von Hunden. Derjenige der Raum verwalten kann, verwaltet alles. Ganz einfach oder?
Die einfachste Übung dazu. Kann ich meinen Hund auf seine Decke schicken und er bleibt dort auch? Wenn er hier schon deine Entscheidungen in Frage stellt, wird er dies in anderen, für ihn wichtigen Dingen erst Recht tun.
Kann ich meinen Hund in seinem Erregungslevel beeinflussen?
Flippt dein Hund schon aus wenn du seinen Balli auspackst und kannst du ihn in seinem Energielevel beeinflussen? Nein? Warum sollte es dann bei einem anderen Hund oder einen Reh funktionieren?
Kann ich Verhalten unterbrechen?
Versteht mein Hund mich, wenn ich von ihm verlange eine Aktion zu unterlassen? Und kann ich dieses Tabu auch durchsetzen? Auch hier, wer seinen Hund nicht mal vom hinterherjagen eines Ballis oder vom Fressen von Äpfeln abhalten kann, ist weit davon entfernt ihm für ihn sozial relevantes Verhalten in Hundebegegnungen zu untersagen.
Vertraut mir mein Hund?
Wenn ein Hund freiwillig soziale Zuständigkeiten abgeben soll, benötigt er die Gewissheit, dass du als Besitzer immer zu seinem Besten agierst. Er weiß du führst ihn nicht in Situationen, die er nicht bewältigen kann oder zeigst ihm Alternativen zu seinen bisherigen Lösungsansatz.
Er ist sicher, dass du verlässlich bist in deinen Aktionen und Reaktionen.
All das zusammen bildet eine Basis und das Bild des Hundes über uns und unsere Führungskompetenz. Es gibt unter Hunden selten wirkliche Arschlöcher. Meistens haben diese Hunde hinter eine harten Schale einen ganz weichen Kern. Sie fühlen sich nur selten gesehen und verstanden.
Gerade der Mali hat ihn, den weichen Kern. Und die, die am lautesten Brüllen, sind meist die mit den höchsten Mauern, um den Schmerz zu verstecken, der schon so lang da drinnen wohnt.